Willkommen im Yukon

19. – 21. Juni

Watson Lake und der Sign Post Forest

Ich treffe vom Cassiar Highway kommend auf den Alaska Highway – hier geht die Reise westlich weiter Richtung Whitehorse und Alaska; nahezu alle Reisende halten sich nach der langen Durststrecke auf dem Cassiar Highway aber zunächst östlich und fahren nach Watson Lake, um dort zu tanken und Vorräte aufzustocken.

Aber auch unabhängig davon lohnt sich ein Abstecher nach Watson Lake auf alle Fälle: hier findet man den Sign Post Forest, den man quasi in jedem Prospekt über den Yukon findet. Ein Schilderwald, in dem es mittlerweile über 100.000 Straßenschilder, Ortsschilder und Autoschilder gibt. Das Ganze entstand 1942 als der Alaska Highway gebaut wurde: die Arbeiter stellten Schilder mit Distanzen in Kanada auf – Carl Lindley, einer der Arbeiter ergänzte es um ein Schild in seine Heimatstadt Danville, Illinois. Seither kommen Reisende aus aller Welt und ergänzen den Schilderwald mit ihren Heimatorten.

Ich muss gestehen, auch wenn ich mittlerweile so viele Bilder von anderen Reisenden oder in Prospekten vom Sign Post Forest gesehen habe, so fasziniert er mich dennoch enorm. Hinter jedem dieser Schilder stecken Menschen, eine Geschichte, Hoffnungen und Träume. Jeder kam mit einer bestimmten Absicht hierher nach Watson Lake. Es ist ein bisschen wie eine Sammelstelle von Träumen und Abenteuern.

Passenderweise darf man auf dem Parkplatz hinter dem Sign Post Forest die Nacht verbringen – was ich dann auch mit etlichen anderen Campern tue.

Alaska Highway gen Westen

Ich treffe mich mit Ian, den ich in Watson Lake kennen gelernt habe und der in den nächsten Tagen auch beginnen möchte, den Dempster Highway zu fahren. Da es sicher nicht schaden kann, auf dieser abgelegenen Schotterpiste jemanden zu kennen, beschließen wir in Kontakt zu bleiben. Gemeinsam basteln wir noch ein Holzschild – die Acryl-Farben dafür bekommt man passenderweise in der Touristen Information und so kann ich dann schließlich doch noch mein eigenes Zeichen dem Sign Post Forest hinzufügen.

Ich verlasse Watson Lake auf dem Alaska Highway Richtung Westen. Kurz hinter dem Ort tauche ich wieder ein in die große, kanadische Weite – endlose Wälder, glitzernde Flüsse und Seen und mal höhere, mal kleinere Seen prägen die Strecke. An den Rancherin Falls halte ich kurz an und unternehme den kurzen Spaziergang mit Wallie zu den zwei kleinen Wasserfällen. Ansonsten fahren wir zielstrebig bis nach Teslin, wo wir auf einem Rastplatz am Teslin River übernachten.

Am nächsten Tag möchte ich einen Abstecher nach Atlin unternehmen – ich habe gelesen, dass das kleine Örtchen noch ein kleiner Geheimtipp ist und die Landschaft dort sehr an die Schweiz erinnern soll. Das klingt doch nach einer Destination für mich!

Unterwegs nach Atlin

Etwa auf halbem Wege dorthin möchte ich am Berg gerade runter schalten, als ich plötzlich gar keinen Gang mehr einlegen kann. Was ist denn jetzt los…? Ich probiere den 5., 4., 3., keinen Erfolg. Der Camper bleibt stehen, ich starte den Motor neu, versuche es erneut – doch nichts tut sich.

Ein beunruhigendes Gefühl beschleicht mich, dass es sich hier wohl um ein ernsteres Problem handeln könnte. Natürlich stehe ich total günstig mitten auf der Straße und selbstverständlich hatte ich zuletzt vor 40 Kilometern an der Kreuzung Empfang.

Ich halte ein Auto an und der Mann versucht sich ebenfalls an meiner Kupplung – beim Versuch, den Rückwärtsgang einzulegen ertönt ein furchtbar kratzendes Geräusch und mit einem leicht mitleidigen Blick meint er, dass ziemlich eindeutig meine Kupplung hinüber wäre. Er verspricht, nach Atlin zu fahren und mir dort jemanden zur Hilfe zu senden, denn weg komme ich hier von alleine nicht mehr.

Mir bleibt also nichts anderes übrig, als mit eingeschaltetem Warnblinker auf der Straße auszuharren – gut, dass ich mein kleines Haus immer dabei habe und mich somit gut ablenken und beschäftigen kann.

Es sind gute 50 km bis nach Atlin, dann muss man natürlich auch erst einmal jemanden finden, der mechanisch begabt ist oder der mich abschleppen könnte, anschließend muss man diese 50 km wieder zurück – dass das ein wenig dauert, leuchtet mir ein. Als allerdings nach 2 Stunden immer noch niemand gekommen ist, fange ich langsam an, mir Sorgen zu machen. Unter keinen Umständen möchte ich die Nacht mitten auf der Straße verbringen. Ich beschließe also, das nächste Auto anzuhalten – was dann nach 45 Minuten auch eintrifft.

Und zwar in Form von der Polizei.

Ich weiß zunächst nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Der Polizist ist ziemlich nett, nimmt meine Daten auf, hört sich meine Geschichte an – und bietet mit an, den Abschleppdienst in Whitehorse anzurufen, denn meine Chancen auf mechanische Hilfe seien in Whitehorse definitiv besser als im 300-Seelen Dorf Atlin. Hat er natürlich nicht ganz Unrecht und mangels Alternativen stimme ich zu, auch wenn mir schon schwant, was da für Kosten auf mich zukommen werden, denn Whitehorse ist einfach mal 150 Kilometer entfernt.

Im Endeffekt kann der Abschlepper allerdings erst am nächsten Tag kommen, sodass ich die Wahl habe, die Nacht am Straßenrand zu verbringen oder mit dem Polizisten nach Atlin zu fahren. Auch wenn mir nicht wohl bei dem Gedanken ist, meinen Van alleine mitten im Nichts zurück zu lassen, so erachte ich es doch für sinnvoller, ins Dorf zu fahren, wo ich Empfang habe und ein paar Sachen recherchieren und organisieren kann.

Kurzerhand werden also ein paar Sachen in den Rucksack geschmissen, Wallie wird auf die Rückbank des Polizeiwagens verfrachtet und kurz muss ich dann doch schmunzeln, als der Polizist sagt, ich dürfe übrigens vorne mitfahren. Galgenhumor ist, wenn man trotzdem lacht.

Atlin – die kleine Schweiz in Kanada

Das Mountain Inn ist das einzige Hotel in Atlin, das spontan für heute Abend noch ein Zimmer frei hat und hundefreundlich ist – angesichts von stolzen 270$ pro Nacht muss ich zwar mehrmals schlucken, aber es ist ja nicht so, als hätte ich eine Wahl. Zumindest habe ich daran gedacht, mir Brot, Käse und ein Bier aus dem Camper mitzunehmen, damit kann ich mir das teure Abendessen im Restaurant sparen – und ein Bier kann ich auf den Schreck wirklich gebrauchen.

Ich erzähle Alex und Ian von meiner aktuellen Situation – und Ian bietet sich sofort an, mir zu helfen. Er wollte am nächsten Tag ohnehin in Richtung Dempster Highway starten, somit liege ich quasi auf dem Weg. Wir verabreden, dass wir uns treffen und versuchen, mich mit seinem Jeep nach Whitehorse zu ziehen – das gibt mir ein wenig Hoffnung, dass die Angelegenheit finanziell vielleicht nicht ganz so dramatisch wird, wie befürchtet. Denn von meiner Abschlepperfahrung letztes Jahr weiß ich, dass man bei 150 Kilometern schnell mal auf 1500 $ blickt – und das beinhaltet nur das Abschleppen, da hat man ja noch nicht mal angefangen, sich mit Ersatzteilen und Werkstatt-Kosten auseinander zu setzen.

Den Abend verbringe ich also  in einer Mischung aus Hoffnung und Frust in Atlin – zumindest hält der Ort, was er verspricht und die Umgebung ist wirklich eindrücklich schön. Das Hotel liegt direkt am Atlin Lake und Wallie und ich versuchen den Tag bei einem ausgiebigen Spaziergang sacken zu lassen.

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