Ein kalifornischer Wintertraum

04. – 21. Dezember 2022

Unterwegs nach Los Angeles

Der letzte Abschnitt meiner Reise für dieses Jahr ist angebrochen. Mir bleiben zwei Tage um nach Los Angeles zu kommen, wo ich Alex treffe. Gemeinsam werden wir ihren Camper dann zu einem Langzeit-Stellplatz bringen, wo er während des Heimaturlaubs sicher stehen kann. Ich werde sie am Flughafen absetzen und dann bleiben mir selber noch zwei Wochen, um alles für meine eigene Abreise vorzubereiten.

Ich entscheide mich für die schnellste Variante nach Los Angeles – vom Valley of Fire State Park sind es auf der Autobahn etwa 5,5 Stunden bis in die kalifornische Metropole. Das werde ich gemütlich auf die zwei Tage aufteilen. Zunächst führt mich der Freeway durch die Moaje Wüste bis nach Las Vegas und dann – Viva Las Vegas! – einmal mitten durch! Ich muss sagen, ich hätte es mir deutlich schlimmer vorgestellt, an intensivster Stelle sind es 6 Spuren, ich fühle mich aber kein bisschen gestresst. Ich muss schmunzeln – vor 1,5 Jahren bin ich tausend Tode gestorben bei dem Gedanken, alleine mit dem Camper Richtung Italien zu fahren und mittlerweile meistere ich 10-spurige Autobahnen wie in Toronto ohne Probleme. Was sind da schon 6 Spuren in Las Vegas?

Kurz hinter Las Vegas heißt es dann auch schon wieder Abschied nehmen von Nevada – Cali is calling! Ich erreiche Kalifornien – den 14. Staat (Provinz / Region / Bundesland) meiner Reise!

Landschaftlich ist die Strecke nicht außergewöhnlich (man wird verwöhnt mit der Zeit), aber durchaus schön. Es gibt eine gute Mischung aus Wüstenlandschaft und Bergen, die durch lustige Kakteen und Joshua Trees aufgepeppt werden. Und dann sind da natürlich noch so lustige typisch amerikanische Dinge wie in Baker – hier befindet sich das weltgrößte Thermometer direkt neben einem Laden, der Alienartikel inklusive getrocknetem Alien-Fleisch verkauft. Crazy America!

Calico Geisterstadt

Beim abendlichen Route vorbereiten für den nächsten Tag entdecke ich zufällig „Calico Ghost Town“ – und eine kurze Recherche später stelle ich fest, dass es sich dabei um eine originale Minenstadt handelt, die man heute besichtigen kann. Hunde sind auf dem gesamten Areal willkommen. Das klingt nach einer perfekten Gelegenheit für einen ausgiebigen Morgenspaziergang mit der Fellnase!

Der Eintritt kostet 8 $ – dafür kann man durch den Ort laufen, sich etliche Ausstellungsstücke anschauen, eine Kleinigkeit im Saloon zu sich nehmen und Souvenirs shoppen. 1887 hatte Calico seinen Höhepunkt mit 1.200 Einwohnern, die in den angrenzenden Minen nach Silber gruben. Mit einem Umsatz von 86 Millionen Dollar waren die Minen von Calico damals die reichsten des Staates.

Man kann auch eine Minen-Tour oder eine 10-minütige Rundfahrt mit einem kleinen Zug unternehmen, das kostet allerdings extra. Mir reicht es vollkommen, durch das historische Örtchen zu schlendern. Insbesondere vom Aussichtspunkt hat man einen tollen Blick. Und Wallie freut sich besonders über einen Besuch bei Dorsey`s Dog House – einem reinen Hundeladen, der Dorsey gewidmet ist, einem Hund, der drei Jahre lang Postbote im Ort spielte.

Los Angeles, Baby!

Von Calico fahre ich mehr oder weniger nach Los Angeles durch. Ich folge dem Highway, der immer voller wird, je näher man der Metropole kommt. Fürs erste bleibt mir aber die Stadt noch ein wenig erspart, denn ich habe als Treffpunkt mit Alex Santa Clarita ausgemacht, was ein wenig im Nordosten der Stadt liegt. Hier wohnt Aaron, ein Freund von Alex, der sich freundlicherweise bereit erklärt, auf Wallie aufzupassen, während Alex und ich im Heimatbesuch sind. Wir verbringen den Abend also mit Aaron und seinem Bruder und schlafen vor ihrem Haus in unseren Vans. Am nächsten Tag brechen wir dann nach Downtown Los Angeles auf – hier befindet sich der Storage, in dem Alex ihren Camper während ihrer Abwesenheit stehen lassen kann und ganz in der Nähe ist auch Immo`s Werkstatt. Immo wiederum ist ein Freund vom Truckerfahrer Thomas, der mich kurz vor Winnipeg angesprochen hat und den Kontakt vermittelt hat. Einfach super, wenn sich Sachen so fügen und es einfach passt.
Während wir weg sind, kann Immo also in aller Ruhe nach unseren Autos schauen und sie fit für die Weiterreise machen, sodass wir im Januar nach unserer Rückkehr direkt starten können.

Ich gewähre Alex Unterschlupf in meinem Van und wir verbringen eine kurze Nacht auf einem Parkplatz ganz in der Nähe vom LAX-Flughafen. Früh morgens setze ich Alex am Flughafen ab. Sie wird noch ein paar Tage in New York verbringen und dann weiter nach Hause fliegen. Ich selber bleibe noch zwei Wochen im Land und fliege erst kurz vor Weihnachten zu meiner Familie. Auf die Art ist Wallie nur für zwei Wochen alleine vor Ort, denn ihn für die kurze Zeit mit nach Deutschland nehmen hätte sich weder vom Aufwand, noch finanziell gelohnt und ich hätte ihm nicht zweimal den langen Flug antun wollen. Also bleibt er im 4-Sterne-Hotel bei Aaron und lässt sich dort verwöhnen, bis Alex Anfang Januar zurück kommt und ihn zu sich nimmt.

Da ich zu meiner Zeit als Flugbegleiterin schon einige Male in Los Angeles war, verspüre ich keine große Lust, mich mit dem Camper in der Stadt aufzuhalten und flüchte schnellstmöglich vom Flughafen gen Norden.

Auf der Route 1 gen Norden

Wallie und ich unternehmen einen Spaziergang am bekannten Santa Monica Pier und fahren dann auf der Route 1 durch Malibu, wo die Schönen und Reichen wohnen bis nach Ventura.

In Ventura dusche ich, wasche Wäsche und fülle meine Gasflasche auf. Übrigens erst das zweite Mal seit Anbeginn der Reise, für 6 Monate ist das ein wirklich guter Schnitt. 
Das einzige Problem ist immer, dass die deutschen Gasflaschen keine Füllstandsanzeige haben, da sie bei uns nach Gewicht gefüllt werden und und hier drüben nach Gallonen. Das macht es ein wenig schwierig zu schätzen, wann sie voll sind, doch der nette Gasmensch füllt mir mal 3 Gallonen auf und meint, damit komme ich sicher eine Weile hin. Ich bezahle 16$ dafür – meine Nebenkostenabrechnung ist damit wohl geringfügig niedriger als bei einer Wohnung 😉

Einen Übernachtungsplatz zu finden ist im gesamten Großraum von Los Angeles und entlang der Küste ziemlich schwierig. Alles was ansatzweise Natur ist, gehört zu einem State Park, bei dem sowohl Kosten für die Tagesnutzung, als auch für die Übernachtung anfallen. Mit 45 $ pro Nacht ist das zudem nicht gerade wenig. Und in den Ortschaften stehen überall Verbotsschilder. Ich schaffe es dennoch in Oxnard eine dunkle Nebenstraße zu finden, in der ich unbehelligt die Nacht verbringen kann.

Oxnard und Santa Barbara

Ich bin pünktlich zum Sonnenuntergang am Strand und nehme mir kurz einen Moment Zeit, um mir bewusst zu machen, dass ich in den letzten 6 Monaten von Küste zu Küste gefahren bin. Ich habe diesen riesigen Kontinent einmal durchquert und dabei mehr als einmal einen Abstecher entlang der Scenic Route gemacht. Anstatt 7.000 km auf direktem Wege sind mal eben 17.000 km in den vergangenen Monaten zusammen gekommen. Und vermutlich mindestens genauso viele Fotos.

Im Endeffekt bleibe ich dann noch zwei weitere Nächte in Oxnard, arbeite an meinen Projekten, spaziere mit Wallie am Strand und schaue mir eine Lightning Show an, bei der weihnachtlich dekorierte Schiffe durch den Hafen fahren.

Das mache ich dann auch noch mal in Santa Barbara, wo ich mich mit Björn und Aaron verabredet habe, damit Wallie schon mal die Hunde von Björn kennen lernt. Zu meiner großen Überraschung (und meinem außerordentlichen Stolz) meistert Wallie die Begegnung mit den zwei Hundedamen tadellos, sodass es da keine Probleme geben sollte, wenn die drei während meiner Abwesenheit mal Zeit miteinander verbringen.

Solvang – ein Weihnachtsdorf in den Bergen

Von Santa Barbara fahre ich noch ein Stück weiter entlang der Küste. Der Zugang zum Strand ist hier etwas schwierig – fast alle Zugänge sind State Parks, für die man Eintritt zahlen muss. Ich mache einen Abstecher in die Berge des Hinterlands und lande in Buellton. Hier erhoffe ich mir eine Dusche in einem Community Center, werde jedoch in den nächsten Ort nach Solvang geschickt. Und hier staune ich nicht schlecht, als ich plötzlich durch eine Miniatur-Ausgabe von Dänemark fahre. Überall stehen Windmühlen und das ganze Dorf ist weihnachtlich geschmückt, als käme es direkt vom Nordpol.

Ich kann im Recreation Center duschen – normalerweise würden sie dafür 20$ nehmen, aber sie würde mir einfach einen „Free Trial“ geben, sagt die Dame an der Rezeption. Wow, zu einer gratis Dusche sage ich natürlich nicht Nein, vielen Dank!

Über die Berge fahre ich zurück Richtung Los Angeles. In den Hügeln hier wohnen die Schönen und Reichen, auch Prinz Harry und seine Frau Meghan haben irgendwo ein Anwesen. Entsprechend pompös wirken die Häuser auch, wie sie herrschaftlich über den kleinen Hügeln thronen. Keine zwei Wochen später sorgen extreme Regenfälle in der Region dazu, dass große Teile des Gebiets geräumt werden müssen. Irgendwie nimmt man solche Nachrichten immer noch mal anders wahr, wenn man einen persönlichen Bezug dazu hat und eben noch da war.

Los Angeles – Heimaturlaub

Mir bleiben noch vier Tage in Los Angeles, um sämtliche organisatorische Angelegenheiten abzuschließen, bevor mein Flug nach Hause geht.
Eine Hundebetreuung habe ich bei Aaron ja glücklicherweise schon gefunden, nun muss ich nur noch klären, ob ich einen Platz im selben Storage wie Alex bekomme. Alex hatte dort extremes Glück und einen Last-Minute-Deal für 29$ abgeschlossen – bucht man den Platz im Voraus kostet er gute 500$ pro Monat. Daher habe ich nun etwas auf Risiko gespielt und nicht reserviert, in der Hoffnung, dass auch ich von diesem Special profitieren kann. Und tatsächlich habe ich Glück und unterschreibe meinen Vertrag für 29$.
Für diesen Preis eine Unterbringung in Los Angeles zu finden grenzt an ein Wunder!

Ich verbringe noch eine Nacht in Long Beach und schlendere entlang meiner alten Pfade aus Swiss-Zeiten. Schon seltsam, meine ehemalige Layover-Joggingstrecke plötzlich als Gassirunde mit Wallie zu laufen.
Martin hat sich extra auf den Los Angeles Flug gebidded, um mich nach Hause eskortieren zu können – daher treffen wir uns schon vorab in Los Angeles und verbringen etwas Zeit zusammen, Tags drauf fahre ich gen Norden nach Santa Clarita und lasse dort schweren Herzens Wallie zurück. Das fällt mir nach der langen Zeit zusammen extrem schwer, aber ich weiß, dass er gut aufgehoben ist und es für ihn die entspanntere Lösung ist, als mit mir zu fliegen.

Noch einmal schnell Abwasser und Müll entsorgt, den Kühlschrank final geleert, Strom ausgeschaltet, durchgekehrt, Ersatzschlüssel bei Immo abgegeben – und dann führt mich der Weg zum Flughafen und nach 7 Monaten Panamericana in den Heimaturlaub.

Was für ein Gefühlschaos! All die Eindrücke der letzten Monate, gepaart mit der Vorfreude, meine Lieben wiederzusehen, dazu noch Weihnachtsgefühle und zeitgleich der Abschiedsschmerz von Wallie – eine intensive Mischung.

>
		</div><!-- .entry-content -->
	
	
	<footer class=

Leave a Comment

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert