Montréal

18. Juni – 15. Juli 2022

Montréal und Markus, unser Mechaniker

Wir entscheiden uns für den direkten Weg von Québec nach Montreal und folgen dem Highway-Verlauf nördlich des Sankt Lorenz Stroms. Ein hübscher Zwischenstopp unterwegs bietet sich in Yamachiche an, hier kann man einen kurzen Spaziergang zu einem Steg unternehmen, der idyllisch durch den Wald führt und an zwei Aussichtspunkten am See endet. Vorsichtig jedoch in der Dämmerung: dann ist dieses Gebiet den Mücken vorbehalten.

Unsere erste Werkstatt-Adresse in Montréal muss uns leider abweisen, vermittelt uns aber einen Kontakt zu einer weiteren Garage. Markus ist Österreicher und lebt seit vielen Jahren in Montréal. Er verspricht, sich die Autos anzuschauen und wir können gleich vorbei kommen. 
Nach den üblichen Problemen mit dem Zugang zum Bordcomputer haben wir am Ende des Tages unsere bestätigte Diagnose: die Drosselklappe bei Alex muss getauscht werden und bei mir verursacht eine durchgebrannte Vorglühkerze die Fehlermeldung.

Nach zahlreichen Telefonaten mit meiner Werkstatt zu Hause und dem ADAC, der sich im Endeffekt nicht dafür zuständig fühlt, die Ersatzteile nach Kanada zu schicken, steht der Entschluss: ich fliege kurzerhand selber nach Hause und besorge die benötigten Teile. Bei der Gelegenheit kann ich noch zwei, drei Sachen organisieren, die wir bei unserer Abreise vergessen hatten. Und dank der Tatsache, dass ich noch auf die vergünstigten Flugtarife meines alten Arbeitgebers zurück greifen kann, kostet der Spaß kaum mehr, als die Ersatzteile verschicken zu lassen.

Wir haben Glück und können die Camper im Vorgarten von Markus Tochter stehen lassen. Auf die Art sind die Vans sicher geparkt, Alex und Wallie haben eine feste Bleibe und ich kann in aller Ruhe alles zu Hause managen.
Ich hätte zwar nicht gedacht, so schnell schon wieder in meiner vertrauten Umgebung zu sein, aber hey: Leben ist das, was passiert, während man beschäftigt damit ist, Pläne zu schmieden.

Ungeplanter Heimaturlaub

Meinen ursprünglich geplanten Flug muss ich verschieben, denn plötzlich springt Alex Auto gar nicht mehr an und ich möchte sie in dieser unklaren Situation nicht alleine lassen. Also überbrücken wir ihr Auto und fahren direkt noch einmal zu Markus in die Werkstatt. Die Analyse geht schnell: ein Kabel zwischen Batterie und Lichtmaschine hat sich gelöst (vermutlich durch eines der zahlreichen kanadischen Schlaglöcher), doch Markus kann es direkt fixen und das Auto läuft wieder.

Mit den vergünstigten Flugtickets für Airline-Personal fliege ich Standby, das heißt, ich komme nur mit, wenn es effektiv noch freie Plätze im Flieger hat. Angesichts der beginnenden Ferienzeit ist das potentiell eher schwierig und so vergehen noch mal ein paar Tage, bis ich effektiv zurück in der Schweiz / Deutschland bin. Fabian, mein Mechaniker von daheim, organisiert die benötigten Teile, ich nutze die Zeit für meine Lieben daheim und bastel an der Homepage. Danke an Nico an dieser Stelle!

Mit Drosselklappe, Gaspedal und Vorglühkerzen ausgestattet, packe ich schließlich wieder meinen Rucksack und es heißt:

Panamericana 2.0. – let`s go again!

Montréal 2.0.

Ich komme Sonntags zurück und gleich am Montag fahren wir bei Markus in der Werkstatt vorbei. Der Anlasser ist schnell getauscht, die Vorglühkerzen machen etwas mehr Probleme, da sie altersbedingt einfach sehr fest stecken. Mein Camper wird nicht fertig und ich finde Unterschlupf in Alex Van – dass es sich so frühzeitig schon rentiert, mit zwei Autos unterwegs zu sein, hätten wir wohl auch nicht gedacht… 😉

Am nächsten Tag dann der Anruf: eine Vorglühkerze ist beim Ausbauen abgebrochen – das passiert wohl relativ leicht, ist aber mühsam, da die Reste der Kerze nun ausgebohrt werden müssen. Die Alternative ist, dass ich nur mit 3 Vorglühkerzen weiter fahre, davon bin ich allerdings nicht sonderlich begeistert. Ich verbringe also eine zweite Nacht bei Alex im Van und um die Stimmung ein wenig zu heben, beschließen wir, ins Autokino zu fahren. Wir besorgen sogar extra Popcorn und reihen uns früh in der Schlange ein. Doch wie das manchmal so ist, wenn der Wurm drin ist, hat das Autokino an diesem Tag geschlossen. Alle Autos müssen wieder nach Hause fahren. Zusammen mit Sheila und Gary, einem Schweizer Pärchen, das Alex in meiner Abwesenheit kennen gelernt hat, verlegen wir das Autokino kurzerhand auf den Parkplatz außerhalb des Geländes und schauen gemeinsam eine Komödie auf Netflix. Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

Am nächsten Morgen gibt es Neuigkeiten aus der Werkstatt: ob die Vorglühkerzen eventuell noch bei uns im Auto seien, sie könnten sie nicht finden… Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll und entscheide mich dafür, zur Werkstatt zu fahren und nach dem Rechten zu schauen.

Am Ende des Tages sind die Kerzen wieder aufgetaucht, erfolgreich eingebaut und mein Auto darf nach drei Tagen Werkstatt-Aufenthalt die Garage verlassen. Quanta costa? 1700 CAD plus knapp 800€ Ersatzteile aus Deutschland. Autsch. Aber das Gefühl, meine eigenen 8 Quadratmeter wieder zu haben und mich am Abend in mein Bett kuscheln zu können, ist dafür unbezahlbar.

Am Tag drauf geht der Werkstattmarathon weiter: dieses Mal geben wir Alex Van ab. Ich rate ihr vorsorglich schon mal ein kleines Päckchen für die Nacht mitzunehmen, man weiß ja nie…

Leonard Cohen, Mont Royal und die Underground City

Da absehbar ist, dass die Reparaturen wieder den gesamten Tag in Anspruch nehmen werden, beschließen wir ein kleines Sightseeing Programm in Montréal. Durch meine Layover-Aufenthalte als Flugbegleiterin der Swiss kenne ich die Stadt schon ziemlich gut und es macht Spaß, Alex herumzuführen, als wäre es eine alte Heimat von mir.

Wir parken am Mont Royal und statten zunächst dem Grab von Leonard Cohen einen Besuch ab. Er ist zwar weder in Montréal geboren noch gestorben, doch sein Wunsch war es, hier bei seinen Eltern begraben zu werden. Vom Friedhof laufen wir durch die weitläufige Anlage des Mont Royal bis zu den Aussichtspunkten, von denen man einen tollen Blick hinab auf die Stadt hat.

Anschließend suchen wir uns einen Parkplatz in Downtown, was angesichts von 20$-Tarifen gar nicht so einfach ist. Doch schließlich können wir am Straßenrand parken, werfen ein paar Münzen in den Automaten und nutzen die erkaufte Stunde für die Untergrund-Stadt. Diese wurde angelegt, um Einrichtungen, Museen und Shoppingcenter unterirdisch miteinander zu verbinden, um den langen kalten Wintern entfliehen zu können. Das System erstreckt sich über 32km und es gibt mehr als 120 Zugangspunkte. Für uns als Außenstehende ist das Ganze ziemlich verwirrend und irgendwie haben wir es uns schöner und spektakulärer vorgestellt. Die meiste Zeit kommt man sich einfach so vor, als würde man durch eine Tiefgarage laufen.

Trotzdem tat es gut, den Tag über mal etwas anderes zu sehen, als immer nur Werkstätten von innen – insbesondere da sich meine Prognose bewahrheitet und wir Alex Van an diesem Tag nicht mehr abholen können. Ich revanchiere mich also und biete ihr Unterschlupf bei mir. Die Nacht verbringen wir in Lachine, einem Vorort von Montreal, idyllisch am Fluss gelegen. Auch Gary und Sheila sind wieder mit dabei und so sitzen wir noch lange vor den Vans und reden über Gott und die Welt.

Mittlerweile schreiben wir Freitag und wir haben die gesamte Woche einen der Vans in der Werkstatt gehabt. Am Ende des Tages darf Alex ihr Baby auch wieder entgegen nehmen – allerdings ist das Stottern des Motors durch die neue Drosselklappe nicht behoben und wir müssen weitere Ersatzteile besorgen.

Unnötig zu erwähnen, dass das Ganze ziemlich frustrierend ist, insbesondere am Anfang einer Reise. Doch wir versuchen das Positive zu sehen: durch die unerwarteten Werkstattbesuche geht unser Zeitplan, den Sommer in Alaska zu verbringen, nicht mehr auf, was uns mehr Zeit für den Osten Kanadas lässt. Und hier gibt es definitiv noch eine ganze Menge zu entdecken!

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